Das Eiserne Tor

Auf 1075 Kilometern fließt die Donau (Dunarea / Dunărea) durch Rumänien, das lernt jedes rumänische Schulkind. Ab Buzias (Buziaş), fast noch in der Pannonischen Ebene, bildet sie die Grenze zu Serbien und tut sich zunächst sehr schwer in ihrem Fortkommen – rechts und links wird sie von Gebirgen eingeschnürt, ändert dadurch häufig ihre Richtung und muss sich durch Schluchten aus Jurakalk ihren Weg erkämpfen – durch das Eiserne Tor. Das einmal geschafft, hat sie nur noch wenige Höhenmeter, aber noch viele Kilometer vor sich. Sie nimmt die Wassermassen fast aller Flüsse auf, die aus den Karpaten kommen, wälzt sich durch die Walachei und findet gegen Ende (fast) nicht einmal das Meer: Um die Dobrudscha macht sie einen Knick nach Norden, teilt sich in drei Hauptarme, unzählige Seitenarme, bildet schwimmende Inseln, Altarme und Seen und ist Europas größtes Feuchtgebiet. Die Unesco gibt ihr schließlich Recht und erklärt das Delta zu einem Teil des Weltnaturerbes. Seit dem ist fast das gesamte Delta Biosphärenreservat.

 

Das Eiserne Tor (Portile / Porțile de Fier) ist ein spektakulärer Durchbruch der Donau in den südlichen Karpaten zwischen dem Serbischen Erzgebirge und dem Banater Gebirge, also an der Grenze zwischen Rumänien und Serbien. Zu Zeiten Trajans, als die Donau hier die Grenze des Römischen Reichs bildete, war der Fluss mit seinen Stromschnellen und Katarakten nicht schiffbar. Für die neuzeitliche Schifffahrt zählte der Durchbruch zu den gefährlichsten Flussabschnitten der Donau, der nicht ohne ortskundige Lotsen passiert werden konnte. Heute ist alles anders – seitdem Jugoslawien und Rumänien gemeinsam ein Elektrizitätswerk mit einem riesigen Staudamm gebaut haben, das 1972 vollendet wurde. Der Wasserspiegel wurde um 35 Meter gehoben, es entstand ein See von über 100 Kilometern Länge. Für die Schifffahrt hat der Durchbruch dank der Schleusen seine Schrecken verloren, für die Touristen ist die Durchfahrt gigantisch – schließlich ist der Fluss an seiner engsten Stelle nur 150 Meter breit, über 80 Meter tief und die fast 200 Meter hohen Felswände zu beiden Seiten, teilweise überhängend, vermitteln den Eindruck, als wüchsen sie gen Himmel zusammen.

 

Am spannendsten ist die Fahrt auf dem Strom nach der Ortschaft Svinita Noua (Fluss-Kilometer 996) und den Türmen der ehemaligen Burg Trei Cule. Die Donau biegt nach Nordosten ab (bei Kilometer 989) und schließt ihren großen, bei Cozla begonnenen Bogen. Ab Kilometer 973,8 beginnen die Cazanele Dunarii (die Donaukessel) mit den Cazanele Mari, den großen Kesseln. Das Nadelöhr mit seinen schroffen Felsen und teilweise bewaldeten Hängen lässt fast den Atem stillstehen. Sofort nach den großen Kesseln, bei Kilometer 970, bildet sich ein weiter, halbkreisförmiger Golf. Es ist das Tal der Dubova. Bei Kilometer 968,6 wird in die Cazanele Mici, die kleinen Kessel, eingefahren, flankiert von den Bergtürmen des Ciucaru Mic (310 m hoch) und Mali Strbac (626 m hoch). Mit der Ausfahrt aus der Enge der Kleinen Kessel bei Kilometer 965 erweitert sich die Donau an ihrem linken, rumänischen Ufer. Hier bleibt nun sehr viel unter Wasser. Denn anlässlich des Baus des Wasserkraftwerkes Portile de Fier wurden ganze Dörfer verlegt, es verschwanden Inseln, darunter die berühmte Ada-Kaleh, und eine gesamte Landschaft wurde verändert.

 

Das Eiserne Tor ist nicht nur der Name für den Donaudurchbruch und das Kraftwerk bei Gura Vaii, sondern ebenso namensgebend für den Naturpark Eisernes Tor (Parcul National Portile de Fier), den es seit 2001 in einem Umfang von 115.655 Hektar gibt. Ausgangspunkt für Besucher sind die Städte Orsova (Orşova) und Drobeta-Turnu Severin, wo auch ein Museum die Geschichte des Kraftwerks erzählt (Muzeul Portile de Fier).

Die Gegend um Turnu Severin ist seit sehr alten Zeiten für Händler, Eroberer und Reichsgründer interessant gewesen – wegen der strategischen Lage an der Donau. Bereits im siebten Jahrhundert v. Chr. segelten griechische Kolonisten vom Schwarzen Meer her (Tomis/Constanta) die Donau aufwärts. Ihre Reise endete verständlicherweise am Eisernen Tor.

 

Unter den Römern bildete die Donau fast von der Quelle bis zur Mündung die Grenze zum Norden, sie war aber zweckmäßig für Truppentransporte und Versorgung. Kaiser Trajan konnte zu Beginn des 2. Jahrhunderts n. Chr. das Reich der Daker nur erobern, sofern er die Donau mit seinen Truppen überschritt. Also musste eine Brücke her – die Trajansbrücke (Podul lui Trajan), die er in der Nähe der Garnisonstadt Severinus bauen ließ. Baumeister war der Architekt Apollodor von Damaskus. Ruinen der Siedlung sowie Reste eines Brückenpfeilers sind heute direkt am Donauufer zu besichtigen.