Sibiu / Hermannstadt

Sibiu (Hermannstadt) liegt im südlichen Teil von Transilvanien (Siebenbürgen) in der Nähe der Südkarpaten auf einer Meereshöhe von etwa 600 Metern. Zusammen mit Luxemburg wurde Sibiu 2007 Kulturhauptstadt Europas.

 

In der Mitte des 12. Jahrhunderts erreichten die ersten deutschen Siedler die Gegend; die erste urkundliche Nennung des Hermannstädter Gebietes geht auf das Jahr 1191 zurück. Sibiu besaß die größten Befestigungen in ganz Siebenbürgen. Gegen die Bedrohung durch das Osmanische Reich ließ die Stadt drei Mauerringe mit Dutzenden von Türmen und mehreren großen Toren errichten, die teilweise noch erhalten sind. So widerstand die Stadt mehrfach den Belagerungen durch die Türken, denen es nie gelang, die Stadt einzunehmen („Bollwerk der Christenheit“).

 

Die Altstadt Sibius wird von der Oberstadt (Oraşul de Sus) und Unterstadt (Oraşul de Jos) gebildet, wobei die Oberstadt als der alte Teil der Stadt betrachtet wird, welcher sich innerhalb des dritten Befestigungsringes befand. Die Oberstadt hat ihren Ursprung am Huetplatz (Piața Huet) und weitete sich dann über zwei weitere historische Plätze aus, den Großen Ring (Piața Mare) und den Kleinen Ring (Piața Mică). Für Besucher ist das sehr praktisch: Die drei Plätze gehen fast ineinander über.

 

Der Große Ring oder Große Platz für sich hat eine Länge von 142 Metern und ist 93 Meter breit; er bildet das historische Zentrum Hermannstadts, der zum ersten Mal 1411 als Getreidemarkt erwähnt wird. Der Platz besteht seit 1366, dem Jahr, in dem auch der dritte Befestigungsgürtel der Stadt fertig gestellt wurde. Vom 16. Jahrhundert an war der Große Ring das Zentrum der alten Stadt. Während des Mittelalters fanden auf dem Platz die wichtigsten Ereignisse im städtischen Alltag statt, wie zum Beispiel öffentliche Versammlungen und – tempi passati! – Hinrichtungen.

 

Die Nordseite wurde in der ersten Phase durch den Bau des Gebäudes der Schneiderzunft im Jahre 1466 und durch andere mittelalterliche Häuser geschaffen. Zwischen 1726 und 1733 wurde die barocke Jesuitenkirche (Biserica Catolică) errichtet, die fast eine Seite des Platzes einnimmt. Auf der Westseite befindet sich das Brukenthal-Palais (Palatul Brukenthal, Piața Mare nr. 4 – 5), das repräsentativste Gebäude der Stadt, benannt nach einem Habsburger Gouverneur Siebenbürgens.

 Dieses Gebäude unterscheidet sich von anderen großen Palästen, die meist auf Freiflächen gebaut wurden, dass es durch die ursprünglichen Grundstücke begrenzt ist. Das Palais wurde nämlich an der Stelle zweier mittelalterlicher Häuser erbaut. Es beherbergt heute ein Museum und eine Bibliothek (Muzeul Național Brukenthal). Nur wenig weiter, Piața Mare Nr. 10, befindet sich das Hallerhaus (Casa Haller). Das frühgotische Gebäude wurde Mitte des 16. Jahrhunderts umgebaut, so dass es sein heutiges Aussehen im Stil der Renaissance erhielt. Der Zugang in den Torgang erfolgt durch ein Portal mit halbkreisförmiger Einfassung im oberen Teil. Im Hof kann man auf der linken Seite den Wohnturm sehen, der von dem ursprünglich im gotischen Stil errichteten Gebäude beibehalten wurde.

 

Der Huet-Platz liegt auf dem Gebiet des ersten Befestigungsringes von Hermannstadt. Der eigentliche Platz stammt vom Ende des 12. Jahrhunderts. Die Gebäude wurden auf der Linie der ersten Verteidigungsmauer in dem Moment erbaut, als die Befestigung ihre praktische Aufgabe verloren hatte, also mit Beginn der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, als die Befestigung der gesamten Oberstadt fertig gestellt war. Der Platz wird von dem massiven Bau der evangelischen Stadtpfarrkirche dominiert, die mit einer Höhe von 73,34 m über den höchsten Turm ganz Siebenbürgens verfügt.

 

Von der Piața Huet zur Piața Mică, dem Kleinen Ring, führt eine kleine gusseiserne Brücke, die so genannte Lügenbrücke (Podul minciunilor), um deren Namen sich etliche Anekdoten ranken. Die Burgengasse (Strada Ocnei) führt unter der Lügenbrücke in die Unterstadt. Charakteristisch für die Gebäude des Kleinen Rings sind die gewölbten Loggias im Erdgeschoss, die zum Platz hin geöffnet und mit halbkreisförmigen Lauben ausgestattet sind. Unter diesen Bögen wurden die Waren ausgestellt, die von den Handwerkern in den Häusern hergestellt wurden. Der alte Ratsturm (Turmul Sfantului, Piața Mică Nr. 31) ist das markanteste Gebäude des Platzes. Direkt neben der Lügenbrücke befindet sich das Schatzkästlein (Casa Artelor, Piața Mică Nr. 21) genannte Haus, ehemals Zunfthaus der Metzger. Von den Wehranlagen mit Stadtmauern, dem ehemaligen dritten Mauerring, gibt es in der Unterstadt einen vollständig erhaltenen Teil, zu dem man von der Piața Mare über die Strada Nicolae Bălcescu gelangt. Die Strada Cetații bzw. auf der anderen Seite der Bulevardul Corneliu Coposu verlaufen parallel zu der Anlage, und man erreicht den Töpferturm, den Zimmermannsturm, den Armbrusterturm und den Dicken Turm (Turnul Gros).