Weinbaugebiet Cotnari

Die Weine aus Cotnari haben Weltruhm, sie werden an die Seite von Suterns, Tokaj, Ruster Ausbruch oder Trockenbeerenauslese gestellt. Gemeint ist also ein edelsüßer Weißwein, denn mit Edelfäule kann man hier nicht jedes Jahr, aber im Durchschnitt drei bis viermal pro Jahrzehnt rechnen. Bereits im 19. Jahrhundert war dieser Cotnari an den Höfen in Europa geschätzt, und bei internationalen Weinwettbewerben jener Zeit wurden reichlich Medaillen eingeheimst.

Archäologische Funde belegen, dass Weinbau hier „schon immer“ betrieben wurde. Zeugnisse aus geto-dakischer, hellenischer und römischer Besiedelung sind eindeutige Belege. Ein erstes schriftliches Zeugnis geht auf das Jahr 1384 zurück. Ab dem 15. Jahrhundert bezeugen Urkunden von Schenkungen von Rebanlagen an Klöster, von Kauf und Verkauf von Weingärten. Damals erschien in Venedig ein Weinbuch, in dem der Wein aus Cotnari als der teuerste überhaupt verzeichnet war. Ausgerechnet ein Franzose, A. Julien, schreibt 1832 in seiner „Topographie des vignobles connus“, dass die Weine von Cotnari „zu den besten der Welt“ zählen. Internationale Auszeichnungen aus der Zeit zwischen den Weltkriegen, also nach der Reblauskrise, deuten nicht nur auf eine Kontinuität in der Qualität der Cotnari-Weine hin. Man erklärt sie sich unter anderem auch dadurch, dass die Wiederherstellung der Rebbestände exakt mit den gleichen autochthonen Rebsorten vorgenommen wurde – wie sonst nirgends in Rumänien: Grasa de Cotnari / Grasă de Cotnari, Feteasca Alba / Fetească Albă, Francusa / Fâncușă und Busuioaca / Busuioacă de Moldova (Tamaioasa Romaneasca / Tămâioasa Românească).

 

Worin liegt also das Geheimnis dieses Terroirs? Cotnari liegt am Ende der Welt, in der Weinbau überhaupt möglich ist. Die Weinberge liegen zwischen 47°17’ (Dadesti / Dădești) und 47°35 (Frumusica / Frumușica) nördlicher Breite. Nur Schlauberger kommen jetzt mit dem Argument des westlich nördlicher gelegenen Rheingaus oder Ahr daher, wo ja schließlich auch Weinbau betrieben wird. Sie vergessen, dass wir uns weit hinten im europäischen Kontinent befinden, wo die Klima mildernden Einflüsse des Atlantiks keine Rolle mehr spielen. Die Amplituden der monatlichen Durchschnittstemperaturen erreichen hier 24,3°C, für Cotnari gilt ein Jahresdurchschnitt von 9°, wobei dieser im Januar bei -3,9° liegt, im Juli bei +20,3°. Die Niederschlagsmenge beträgt 525 Millimeter pro Jahr. Fast die gesamten Rebberge liegen an Hängen in einer Höhe zwischen 200 und 300 Metern, die Hangneigung beträgt sieben bis acht Grad. Die Kette von Hängen erstreckt sich in Nord-Süd-Richtung über 40 Kilometer Länge, die Ost-West-Ausrichtung beträgt drei bis 15 Kilometer. Es ist dies eine Übergangszone zwischen einem westlichen, also in Richtung Karpaten gelegenen Plateau (350 bis 500 Meter Höhe) und der hügeligen Ebene der östlichen Moldau von 200 Metern Höhe. Es sind nun zwei lokale klimatische Besonderheiten, die die Einzigartigkeit des Cotnari ausmachen. Das Aufheizen und die Klarheit der Atmosphäre durch Föhnwinde, die sich durch die von Westen her strömenden Luftmassen bilden, sowie die Schutzfunktion, die zahlreiche Niederungen entlang der großen Hügelkette bilden. Das erklärt den relativ frühen Frühling und klare und heiße Herbste bis Ende Oktober. Die Dauer der Sonnenstrahlung liegt bei 2.100 Stunden, davon 1.500 Stunden während des Vegetationszyklus‘. Bedeutende Weinbauzentren sind – von Nord nach Süd – Frumusica / Frumușica, Harlau / Hârlau, Cotnari und Cucuteni, wobei die Zonen von Harlau / Hârlau und Cotnari die kompaktesten und qualitativ relevantesten sind.

 

Der traditionelle Cotnari ist ein Cuvee / Cuvée aus 35% Grasa / Grasă, 35% Feteasca Alba / Fetească Albă, 20% Francusa / Frâncușă und 10% Busuioaca / Busuioacă. Meist werden die Weine separat ausgebaut, die Assemblage wird etwa 40 Tage vor Klärung, Stabilisierung und Abfüllung auf Flaschen vorgenommen, um die Weine jung zu verkaufen, oder besser, sie durch Reifung und Alterung auf der Flasche zu vollenden. Die Erfahrung hat gezeigt, dass keiner der Partner, die in die Assemblage eingehen fehlen darf. Grasa / Grasă verleiht dem Cotnari die Süße, Feteasca / Fetească die Finesse, Francusa / Frâncușă die Säure und Busuioaca / Busuioacă die Aromen.

Der Alkoholgehalt der edelsüßen Grasa de Cotnari / Grasă de Cotnari überschreitet in den meisten Jahren die 12 Volumenprozente, wobei der Zuckergehalt unter 50 Gramm pro Liter sinkt; die Gesamtsäure ist stets hinreichend, um einen harmonisch und ausgeglichenen Wein zu produzieren. Ist der Wein jung, so überzeugen seine Aromen von getrockneten Aprikosen und Bienenwachs, am Gaumen bietet er eine komplexe Kombination aus Nüssen, Rosinen und einer feinen Nuance von Süßmandeln.

 

Feteasca Alba / Fetească Albă wird ebenfalls sehr spät geerntet, der Most hat dann eine Zuckerkonzentration von mindestens 240 Gramm pro Liter. Seine Aromen von sehr reifen Trauben und Honig zusammen mit einer geglückten Kombination von Alkohol, Zucker und Säure machen ihn zu einem Wein von großen Raffinement mit ausgesprochener Cotnari-Typizität.

 

Busuioaca de Moldova zählt zu den rumänischen Bukettsorten. Spät geerntet, manchmal mit Edelfäule, gerät er zu einem „Likör“, der in der Nase an Basilikum und frisch geerntetes Heu erinnert.

Francusa / Frâncușa wird geerntet, sobald der Zuckergehalt die Marke von 190 Gramm pro Liter erreicht hat. Wer einen trockenen weißen Cotnari wünscht, greift auf ihn zurück: Aromen reifer Trauben, intensive Frische und Fruchtigkeit sind seine hervorstechende Merkmale.

 

Das Weinbaugebiet Cotnari und seine hervorragende Weine sind auch Gegenstand intensiver Forschung, nicht zuletzt, weil man sie als nationales Kulturgut betrachtet. Zentrum ist Iasi, rumänisch Iași, wo in den vergangenen 50 Jahren die Fakultät für Gartenbau (1950), die Station für Forschung und Produktion von Wein und Kellertechnik (1957) sowie das Forschungszentrum für Önologie im Rahmen der örtlichen Filiale der Rumänischen Akademie (1992) aufgebaut wurden.

 Mehr als 100 wissenschaftliche Arbeiten sind in dieser Zeit zu verschiedensten Aspekten des Weinbaus, der Kellertechnik und der Weine aus Cotnari entstanden, die nicht unwesentlich zum Ruf des Anbaugebiets und der Qualität seiner Weine beigetragen haben.